Gruppe 3

Revisionismus als Staatsräson

Teil 1: Ökonomie, Innen- und Außenpolitik des realen Sozialismus

OrtArbeit und Leben, Lange Geismar Str. 72, Göttingen
Zeit16.10.1999 ab 12:00h
Über den realen Sozialismus braucht der aufgeklärte Bundesbürger spätestens seit seinem Ableben nicht mehr zu wissen, als daß 40 Jahre der zentralistischen Kommando-Mißwirtschaft im Satellitenstaat der SU eindrucksvoll die Überlegenheit und Alternativlosigkeit der Marktwirtschaft dokumentieren. Um so argwöhnischer werden ewiggestrige Ossis beäugt und angefeindet, wenn sie – wie bei den jüngsten Wahlen – der Partei des demokratischen Sozialismus massenhaft ihre Stimme geben. Die Urteile über das „Unrechtsregime“ kommen dabei regelmäßig ohne jedwede Kenntnis von Politik und Ökonomie des realen Sozialismus aus – wo es auf die Demonstration von Parteilichkeit für das übriggebliebene System ankommt, da ist jede detaillierte Befassung ohnehin überflüssig – wenn nicht gar verdächtig! Wem das zu blöd ist und wer an einer Kritik am realen Sozialismus interessiert ist, die nicht auf ein Lob des Marktes aus ist, sei hiermit herzlichst eingeladen: die Gruppe 3 veranstaltet eine mehrteilige Diskussionsrunde mit dem Titel „Aufstieg und Fall einer Weltmacht“. Im ersten Teil der Reihe wurde insbesondere die politische Ökonomie des realen Sozialismus behandelt. Es wurde das eigentümliche Verfahren besprochen, mit Löhnen, Preisen und Profiten unter „bewußter Anwendung des Wertgesetzes“ zu planen – ein Gesetz immerhin, was noch der alte Marx für ein zentrales Bewegungsgesetz der kapitalistischen Produktionsweise hielt und entsprechend kritisierte. Der zweite Teil befasst sich mit dem Lebenswerk des Michail Gorbatschow: Glasnost und Perestrojka. Der verkehrten Selbstkritik, mit der sich der reale Sozialismus seit Mitte der 80er Jahre überzog und die Gorbatschow bei seinen ehemaligen Feinden im Westen zurecht den Knuddelnamen „Gorbi“ eingebracht hat. Der dritte Teil schließlich widmet sich den Ergebnissen der „zweiten russischen Revolution“: Russland heute und wie und warum aus der ehemaligen Supermacht ein Bittsteller um Kredit und Nahrungsmittelhilfe, aus der alternativen Weltmacht der Postbote der NATO im Kosovo-Konflikt und aus deren Raumfahrtprogramm – früher immer für den einen oder anderen Schock im Westen gut – eine Lachnummer fürs Feuilleton wurde.