Gruppe 3

Was bleibt von Karl Marx?

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Die Antwort auf die Frage fällt gemeinhin ziemlich ernüchternd aus: Marx’ Klassenschema war aus dem letzten Jahrhundert und wenn man es gutwillig betrachtet, nur so eine Art steinzeitliche Vorform des kunstvollen Zwiebelmodells der Gesellschaft, wie es richtige Soziologen entwickelten. Die ehemaligen Schlüsselkategorien „Kapital und Arbeit“ spielen zwar nach wie vor so ihre Rolle, aber Marx hat die Sache zumindest „überbetont“. Und weil das gesellschaftliche Sein teilweise auch durch Konflikt geprägt ist, ist die „Theorie des Klassenkampfs“ zwar so überspitzt wie überholt, kann aber in gewisser Weise noch immer etwas „impulsgebend“ wirken. Mehr ist aber auch nicht los mit dem Mann. Dabei war er ja mal in aller Munde, Parteien und Gruppen hatten sich nach ihm benannt, für etliche Studenten der sechziger bis achtziger Jahre gehörte es sich, Marx gelesen zu haben, und mancherorts ging manche Promotion nur mit den „blauen Bänden“ – wenigstens im Literaturverzeichnis. Für Studenten im ausgehenden 20sten Jahrhundert eigentlich völlig rätselhaft.

Das Rätsel ist aber keines: Marx verdankte den größten Teil aller Anstrengungen, die seinem wissenschaftlichen Werk galten, der Existenz eines Systems, das sich auf ihn als seinen geistigen Urheber berief und sich „Realer Sozialismus“ nannte. Obwohl ihn manch ein Absolvent unseres Bildungssystems mittlerweile für den Begründer der DDR halten mag, hätte Marx sich diese Berufung verbeten. Gleichwohl machte sie ihn zum Gegenstand umfangreicher Auseinandersetzungen. Freunde dieses Systems studierten ihn mit Verehrung, warben für sich mit seinen Worten, Gegner meinten ebenfalls, um eine Beschäftigung zwecks Widerlegung nicht herumzukommen, und die Indifferenten merkten einfach, welches Thema angesagt war.

Besagtes System hat sich bekanntlich abgemeldet. Seine Führer waren der Ansicht, mit Marktwirtschaft sei mehr Staat zu machen als mit ihren überkommenen Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen. Seitdem gilt der Kommunismus als tot, und die Befassung mit seinem wissenschaftlichen Begründer kann abgehakt oder mal eben zwischen Comte und Spencer eingeschoben werden. Sie ist jedenfalls kein Gegenstand geistiger Anstrengung mehr.
Von den nicht nur intellektuellen Schattenseiten dieses Verfahrens sei im Folgenden die Rede.

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