GegenStandpunkt

Arbeitsrecht

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Alle gesetzgeberischen Maßnahmen im Arbeitsrecht nehmen Bezug auf einen Interessengegensatz zwischen Arbeitnehmern und Arbeitgebern und organisieren diesen. Das Interesse des Arbeitgebers besteht im Gewinn, den er mit seiner wirtschaftlichen Unternehmung erreichen kann. Das Interesse des Arbeitnehmers an angenehmen Arbeitsbedingungen und einem Lohn, mit dem die eigenen Bedürfnisse befriedigt werden können, macht sich für den Arbeitgeber als Abzug vom Gewinn bemerkbar. Der Lohn wie die Ausgaben für eine Verminderung der Schädlichkeit der Arbeit für die, die sie verrichten, taucht in der betriebswirtschaftlichen Rechnung nur auf der Seite der Kosten auf.
Dieser Gegensatz macht in verschiedener Art und Weise das Eingreifen des Staates notwendig:

Tarifrecht

Um ihre Interessen gegen das der Arbeitgeber durchzusetzen, haben sich die Arbeitnehmer in Gewerkschaften zusammengeschlossen. Das ermöglichte es ihnen, die Abhängigkeit, die der Unternehmer von ihnen hat, gegen ihn zu verwenden. Die Abhängigkeit besteht insofern, als er in seinem Bestreben, aus seinem eingesetzten Kapital mehr Kapital zu machen, auf den Einsatz der Arbeitskraft Anderer verwiesen ist. Durch die Verweigerung der Arbeit wird die Gewinnerwirtschaftung gestoppt und im Extremfall sogar das eingesetzte Kapital entwertet. Streiks sind damit das Mittel der Arbeitnehmer zur Durchsetzung ihrer Interessen. Sie stören aber den Fortgang des nationalen Wirtschaftens und sind deshalb eine Gefährdung der Konkurrenzfähigkeit der Volkswirtschaft. In der Anfangsphase der Bürgerlichen Herrschaft im 19. Jahrhundert als der Staat noch durch Vorenthaltung des Wahlrechts für die unteren Schichten oder durch das Mehrklassenwahlrecht in der Hand des Bürgertums war, galten Streiks deshalb üblicherweise als staatsfeindlich, waren verboten und wurden unter Anwendung der staatlichen Gewaltmittel zerschlagen. Das ist heutzutage anders. Streiks sind erlaubt. Sie sind allerdings unter Bedingungen gestellt. Dies ist der wichtigste Inhalt des Tarifrechts.

Die rechtlichen regelungen geben an, welche Schritte bis zu einem streik zu ghen sind (verhandlungen, Schlichter, usw.), wie ein Streik zu beginnen ist, wer ihn ausrufen darf, formuliert Anforderungen an die Zielsetzung (sozialadäquat, nicht auf die Vernichtung des Sozialpartners, d.h. dessen Eigentum ausgerichtet) und unter welchen Umständen und wie er zu beenden ist.

Nicht das Verbot von Streiks sondern die Umstände ihrer Erlaubnis nehmen ihm die Spitze. Erlauben ist gleichbedeutend mit Beherrschen, denn es setzt die Möglichkeit zum Verbot vorraus.Die regulierte Erlaubnis des gewerkschaftlichen Kampfes dient dazu, ihn für die nationale Wirtschaft unschädlich zu machen.

Arbeitsschutz

Die Schädigung für Arbeitnehmer, die durch den normalen Arbeitsprozeß geschieht (durch Unfälle oder ungesunde Arbeitsbedingungen) würde das Fortbestehen der hiesigen Wirtschaftsweise überhaupt zu gefährden. Das um dieses zu verhindern erlassene umfangreiche Gesetzeswerk beinhaltet eine Festlegung des Normalarbeitstages und zur Normalarbeitswoche(und die Umstände, unter denen diese überschritten werden dürfen), Unfallverhütungsvorschriften, Grenzwerte für verschiedene schädliche Einwirkungen am Arbeitsplatz.

Diese Regelungen haben nicht den Zweck, eine Gefährdung zu verhindern - sie haben ja auch keinerlei Auswirkungen auf deren Grund, den beschriebenen Interessengegensatz. Sie drücken die Schädigung auf ein Maß, das sowohl eine dauerhafte Brauchbarkeit der Arbeitnehmer ermöglicht, wie es auch ein profitables Wirtschaften mit ihnen weiterhin zuläßt. (Das ist der Inhalt beispielsweise von Grenzwerten für schädliche Stoffe am Arbeitsplatz. Diese verhindern ja keineswegs die schleichende Vergiftung, sondern bestimmt deren Stärke.) Trotz der positiven Folgen dieser Gesetzgebung für den Arbeitgeber widerspricht sie seinem unmittelbaren Interesse. - Entsprechend werden immer wieder Fälle bekannt, in denen diese Bestimmungen nicht eingehalten wurden. Die Arbeitsschutzbestimmungen sind kein Beleg für einen Ausgleich der gegensätzlichen Interessen, im Gegenteil: „Was könnte die kapitalistische Produktionsweise besser charakterisieren als die Notwendigkeit, ihr durch Zwangsgesetz von Staats wegen die einfachsten Reinlichkeits- und Gesundheitsvorschriften aufzuherrschen?“ (Ein Zitat vom alten Marx).

Betriebsverfassungsgesetz

Diese Abteilung des Arbeitsrechts sorgt sich um den Unmut, der bei den Arbeitnehmern im normalen Betriebsablauf und der Umsetzung der tariflichen und gesetzlichen Regelungen hier entsteht. So sorgt das Betriebsverfassungsgesetz für die Einsetzung eines Betriebsrates. Dessen Hauptaufgabe ist es, Vertreter der Arbeitnehmerinteressen gegenüber der Unternehmensführung zu sein.

Das Vorgehen des Betriebsrates ist jedoch nicht dazu geeignet die Interessen dessen Vertretung an ihn herangetragen wird, tatsächlich durchzusetzen. Er hat sich nämlich an rechtlichen Vorgaben zu orientieren und muß, wenn diese anders aussehen, seiner Klientel mitteilen, daß da „leider nichts zu machen“ ist.

Die Bereitschaft der Arbeitnehmer, ihre Interessen vertreten zu lassen, statt sie selbst zu verfolgen, ist unter diesen Umständen gleichbedeutend mit deren Aufgabe zugunsten des Rechtsstandpunktes.

Trennung Kapitalinteresse - Unternehmerinteresse

Ob es zu einer wirtschaftlichen Unternehmung kommt, entscheidet sich daran, ob ein Kapitalbesitzer sich davon verspricht sein Geld zu vermehren. Daß von dem Ausgehen seiner Berechnung abhängt, ob Arbeitsplätze geschaffen werden, gilt auch den Arbeitnehmervertretern der Gewerkschaften nicht als kritikabel, sondern als selbstverständlich. Daß für den Erfolg dieser Rechnung stets auch Arbeitsplätze wegfallen (durch Rationalisierungen), und daß diese Rechnung umso besser aufgeht, je billiger die einzukaufenden Arbeitskräfte sind, versteht sich aufgrund der scharfen Konkurrenz, in der das Unternehmen steckt, von selbst. Da mag auch eine Gewerkschaft der Logik folgen, daß zwar soundsoviele Arbeitsplätze abgebaut worden sind, aber gerade dadurch eben all die anderen „gesichert“ (bis zur nächsten Rationalisierung) worden sind. Auf der Grundlage dieser prinzipiellen Zustimmung zur Rechenweise der Kapitalisten wird aber sehr scharfäugig nach einer Grenze des gerechfertigten Gewinns gesucht. Es wird die Frage gewälzt, wieviel Rationalisierung denn in Ordnung geht, um weiterhin konkurrenzfähig zu sein, wieviel Lohnverzicht notwendig ist, um mit den Stückkosten der Konkurrenten mithalten zu können, und letztlich, wie hoch darf der Anstieg des Profits sein, der im Erfolgsfalle erzielt wird. Es wird hier eine recht kunstvolle und außerordentlich moralische Trennung vollzogen zwischen dem Interesse des Unternehmers und dem des Unternehmens. Das Unternehmen kommt jedoch nur deshalb und darum auch nur soweit zustande, wie der Unternehmer damit sein Kapital vermehrt, eine Trennung ist deshalb unsinnig. Unmöglich ist es, eine gerechtfertigte Höhe des Profits zu bestimmen, ist doch jeder Teilnehmer an der kapitalistischen Konkurrenz ebenso Opfer und gezwungen, wie er selbst auch die Konkurrenz vorantreibt und andere zu Einsparungen zwingt. Jeder ist darum darauf verwiesen, den Gewinn möglichst groß werden zu lassen, um die nächste Rationalisierungsrunde noch vor den Konkurrenten zu bestreiten und eben Gewinner der Konkurrenz und nicht ihr Verlierer zu sein.

Was tun?

Die Beschreibung der unangenehmen Folgen, die das Arbeitsrecht für den lohnabhängigen Teil der Bevölkerung hat soll keine Aufforderung sein, das was es zur Verfolgung des eigenen Interesses gewährt, nicht zu nutzen. Sie ist eine Aufforderung festzustellen, daß Rechte zu haben nichts mit einem Nutzen zu tun hat, den man davon hat. Das Recht ist nicht Mittel der Leute für die Verfolgung ihrer Interessen, sondern Mittel des Staates zu ihrer Unschädlichmachung.